„Wenn Worte aufhören, beginnt die Musik“. Das Zitat des bekennenden
Musikliebhabers Heinrich Heine verdeutlicht, dass Musik schier
magische Wirkung entfalten kann. Den Beweis dafür tritt das Kolektif
Istanbul mit seinem neuen Album Pastırma yazı („Indian Summer“) an.
Wenn der Multi-Instrumentalist Richard Laniepce, dessen Ehefrau Aslı
Doğan (Gesang und Trompete) und vier weitere Spitzenmusiker
aus der Metropole am Bosporus zu ihren Instrumenten greifen
(darunter Klarinette, Akkordeon, Tuba und E-Piano), entfachen sie
einen Sog, aus dem es für die Zuhörenden kein Entkommen gibt. Die
Rezeptur für den einzigartigen Sound der Band setzt sich aus
traditionellen Melodien Anatoliens und des Balkans zusammen
(Grundzutat), einem großzügigen Schuss Funk, abgeschmeckt mit einer
Prise Jazz und Folk-Rhythmen aus der Bretagne.
Entstanden ist das Kolektif Istanbul aus purem Zufall im Jahr 2005.
Gründungsvater ist Richard Laniepce – ein aus der Bretagne
stammender Weltenbummler mit einem Faible für traditionelle,
bisweilen exotische Blasinstrumente wie dem bretonischen Dudelsack.
Nach seiner Lehre zum Holzblas-Instrumentenbauer zog es ihn zunächst
in den Kaukasus und den Balkan. „Ich
wollte herausfinden, wie verbreitet traditionelle Blasmusik dort
noch ist. Der anschließende Besuch in Istanbul war eigentlich nur
als kurze Abschluss-Station meiner Studienreise gedacht. Dass aus
geplanten drei Monaten einmal 15 Jahre werden sollten, konnte
niemand ahnen“, blickt Laniepce auf die Anfänge des
Kollektivs zurück, dem zunächst rund 20 Musiker angehörten und
ergänzt. „Die Stammbesetzung
kristallisierte sich erst nach und nach heraus, genauso wie unser
musikalisches Konzept“.
Laniepces Ehefrau Aslı Doğan bezeichnet den einzigartigen,
unverkennbaren Stil des Sextetts als „progressive Hochzeitsmusik“. „Hochzeitsmusik,
weil wir unsere Konzerte als eine große, verrückte Hochzeitsparty
sehen, in der jeder Einzelne in die Rolle der Braut oder des
Bräutigams schlüpfen kann. Und progressiv ist unsere Einstellung
zur Musik. Wir akzeptieren keinerlei Grenzen und sind offen für
Einflüsse jeglicher Art“, betont Doğan.
Mit ihrer balkanisch-anatolischen Partymusik konnte das Kolektif
Istanbul in den vergangenen Jahren viele Fans gewinnen.
Live-Auftritte, unter anderem auf dem Montreux Jazz Festival und dem
Schleswig-Holstein Musikfestival, haben bei Zuschauern und
Konzertveranstaltern einen bleibenden Eindruck hinterlassen. „Wir
möchten den Spaß und die Freude, die wir auf der Bühne haben mit
unserem Publikum teilen“, erklärt Laniepce die Philosophie
der Band, die Menschen aus vielen unterschiedlichen
gesellschaftlichen Gruppen anspricht. „Das
ist immer wieder großartig, wenn man im Publikum Großeltern sieht,
die mit ihren Enkelkindern zu unserer Musik tanzen. Oder wenn
coole Hipster völlig aus sich hinausgehen, weil sie wohl
eingesehen haben, dass sich unsere Musik und Bewegungsstarre nur
schlecht vertragen“, schmunzelt Laniepce.
Das
neue Album Pastırma yazı, das das französisch-türkisch-bulgarische
Ensemble zum zehnjährigen Bandjubiläum eingespielt hat, ist
Rückschau und Gegenwartsbestimmung zugleich. „Wir
wollten eine ausgewogene Mischung aus Songs, die uns beim
Musizieren Spaß bereiten und Stücke, an denen die Zuhörenden
Freude haben“, erklärt Laniepce die Songauswahl. Obwohl er
und seine Spielgefährten sich nie als politische Band im engeren
Sinne gefühlt haben, enthält das Album auch zwei Stücke, die
durchaus als Kommentar zum Zeitgeschehen begriffen werden können. In
Hamanci Teyze – einem Traditional aus Bulgarien – beklagt eine
Besucherin eines türkischen Bades des Verlust ihres Schmuckes, der
ihr dort gestohlen wurde. „Natürlich
hat dieser Song auch eine metaphorische Ebene. Wir leben in
unsicheren, dunklen Zeiten. Dadurch fühlen sich viele Menschen
ihrer Freiheit und ihres Lebensmutes beraubt“, erklärt
Doğan mit Blick auf politische Umwälzungen im Mittleren Osten und
einem Leben in ständiger Terrorgefahr.
Zum Stück Acımadı Yine (übersetzt in etwa: „hat nicht wehgetan“) hat
die Band wenige Tage nach dem missglückten türkischen
Militärputsch ein Video produziert. Die Collage zeigt lachende
Menschen, die zum Rhythmus der Musik tanzen. Das Video wurde
innerhalb weniger Tage fast 300.000 Mal angeklickt und oft in
sozialen Netzwerken geteilt. „Offensichtlich
hat den Menschen unsere Botschaft der Freude und des Lebensmutes
gefallen, nachdem sie so viele schlechte Nachrichten verdauen
mussten“, vermutet Doğan.
Zwei französische Chansons, die Bandleader Laniepce und seine
Spielgefährten in den für sie typischen, groovigen Balkanrhythmus
(9/8 Takt) transformiert haben, runden das Jubiläumsalbum ab. Das
Titelstück Pastirma Yazi („L’ete Indien“) und Beyaz Yunus („Oum le
Dauphin“) – die von Michel Legrand komponierte Filmmusik zur
Zeichentrickserie „Zoom – der weiße Delfin“.
Yapımcı / Producer: Ada Müzik
Kayıt / Recording: Talat Karaoğlu, Barış Yalaz
Miks / Mix: Cem Büyükuzun
Mastering: Cem Büyükuzun
Tasarım / Design: Hayalgücü Tanıtım
Fotoğraf / Photo: Dominik Gruszczyk
Baskı / Printing: Pallas Group, Germany
Preis: 17.- Euro + 3.- Euro Versandkosten in Deutschland,
7.- Euro ins Ausland inklusive Mehrwertsteuer.
Hamamcı Teyze Anonim Nihavend Longboard Beste: Kemanî Kevser Hanım Acımadı Yine Müzik: Hristov Krassimir Söz: Ceylan Ertem Pastırma Yazı (L’été Indien) Söz – Müzik: Salvatore
Cutugno, Pasquale Losito, Graham Stuart Johnson, Vito
Pallavicini Editör: Pianeta Ediz Mus Snc, Curci Edizioni SRL
adına Pelikan Müzik Yayımcılık Cissy Strut Söz – Müzik: Joseph Modeliste / Arthur
Lanon Neville / Leo Paul Nocentelli / George Joseph Porter JR
(%100 EMI) Universal Music Publishing Turkey Kürdîli Hicazkâr Longa Beste: Kemani Sebuh Beyaz Yunus (Oum Le Dauphin Blanc) Müzik: Michel
Legrand Söz: Jean Drejac Tamersko Horo Müzik: Tamer Karaoğlu Tilki Köçek Anonim (Come On Baby Do The) Balkan Boogie Müzik: Stian
Cartensen Düzenleme: Farmers Market Kalpazan Havası Selim Sesler’e Müzik: Richard Laniepce Leşkov Köçek Anonim